Interferenz

Ich bin unverhältnismäßig stolz drauf, wie ich Frau inzwischenExTherapeutin pünktlich zum Ende der Akuttherapie davon überzeuge, dass ich ganz hervorragend stabil bin und auch °überhaupt nicht mehr anorektisch°, wie sie mir spiegelt. °Oder haben Sie noch Leidensdruck?° fragt sie. Meine Antwort ist selbstverständlich °Nein°, auch wenn ich das eigentlich anzufügende °nur Hunger° am Ende dieser Aussage verschweige, was aber garnicht schwer ist, weil Hunger sowieso schon sehr lange nicht mehr zu meinem aktiven Wortschatz zählt.
Rosa zeigt sich angesichts dieser Negierung ihrer Existenz zwar etwas eingeschnappt, aber mit Blick auf meine nie erwähnte TrackingApp, die inzwischen wieder einmal motzende ZyklusApp und Frau inzwischenExTherapeutins angefügte Aussage, dass ich ja schon noch so am ganz unteren Ende vom Normalgewicht bin – noch, Rosa, noch… – lässt sie sich dann doch zur Ghettofaust hinreißen.

°Also dann, jetzt Leben sie erstmal° sagt sie und wir verabschieden uns.
Habe ich vor. Aber mit Rosa, weil ich ohne sie echt nicht alleine sein will in meinem Kopf.

Rudimente

Sie hat Geburtstag, also rufe ich meine Mutter ausnahmsweise ohne vorige Verabredung per WhatsApp an. Ich weiß nicht, wann sie mich das letzte Mal unverabredet angerufen hat. Jedenfalls nicht zu meinem Geburtstag, da bekam ich eine WhatsApp. Und an dem davor. Und davor…

Eine Belanglosigkeit folgt der nächsten – nur, dass sie im Juni doch ihren geplanten Urlaub in der Ferienwohnung nicht weit entfernt antreten können, enttäuscht mich dann doch. Direkte soziale Interaktion. „Oh, schön!“, sage ich, und finde es ätzend. Und dann, als ich mich schon fast sicher wähne: „Die Hauptsache ist ja, dass du nicht noch weiter abnimmst. Und du hast ja inzwischen begriffen, dass das nix ist.“
Ich kann meine Augen garnicht so weit verdrehen, wie ich es möchte. „Mhm“, nuschle ich und will sie anschreien, dass es sowas von nicht um meinen Körper und um Butter im Essen geht. Zumindest nicht nur.

Gefühlte zwei Stunden später bin ich erstaunt, dass es angeblich nur 35 Minuten waren. Mein Telefon lügt.

08.05.2020

Zwischen den Zeilen liegen Tonnen von Worten, schwer wie Blei

28.10.2020

Ich sperre die Welt aus und mich ein.

29.03.2021

Was der Parasit und Rosa mit Sex zu tun haben? Alles und Nichts.
Ja, so hab ich am Anfang auch geschaut.

23.10.2021

Der Mann den ich liebe ist der Mann, den ich schütteln will und anschreien, er soll sich gefälligst zusammen reißen, aber weil ich weiß, dass er eine Depression und PTBS hat, zerreißt es mich, weil ich weiß, dass er es nicht kann. Ich träume vom Hausmeister und von Lucifer und fühle mich großartig und grauenvoll deswegen.

28.01.2022

Wir müssen reden. Ohne dass ein konkretes Wir gesetzt wäre; ist variabel zu befüllen – Schatz und ich, EgoStates und ich, Chef und ich, Leser:innen und ich. Aus Gründen. Ich weiß nur noch nicht, aus welchen.
Rosa – die ohne

03.03.2022

Etwas Rotes hat sich irgendwie in meine neutrale Wäsche gemogelt und jetzt ist alles einfach nur noch Rosa.

27.03.2022

Phantasmagorie

Auch, wenn ich jener Halbbekanntverwandten definitiv nicht begegnen werde, die auf der Beerdigung meiner Oma nichts besseres zum nicht menstruierenden Körper zu sagen wusste als °Hömma, schlank bisse!°, ist es vielleicht nachvollziehbar, dass ich nicht in Jubel verfalle, entgegen meinem festen Plan, diesen Urlaub nicht bei meiner Familie vorbeizuregnen, nun keine andere Wahl habe. Aus Gründen.
Die Frage, ob ich mir mit diesen Aussichten Prozente gönne, zerschellt an Rosa, die darauf verweist, dass Wirkstoffe bedeutend weniger Kalorien haben. Recht hat sie.
Immerhin entgehe ich so mal wieder einem Termin mit Frau Therapeutin. Ob das nach dem Katastrophentermin, der ebenfalls nächste Woche ansteht, so besonders schlau ist, wird sich zeigen.
Aber so kann ich wenigstens ihre dringende Empfehlung, beim Ausschleichen laaaangsaaaam zu machen, ganz unbehelligt ignorieren.
BrainZap. 2 Weeks to go.

Rauhnacht

Zwischen den Jahren . ZwischenWelten. Ich scrolle durch Selfies und Monate, die zusammen mit Körpergewicht und Blut im Dunkel versickert sind.

Es ist November, nach einem Monat Psychiatrie, weiteren Wochen Krankschreibung und in meiner nochmal deutlich heruntergeschraubten Wiedereingliederung. Die neue Frau Therapeutin und ich stellen immerhin so viel Gewicht wieder her, dass sich mein Uterus mal wieder angesprochen fühlt. Nicht, dass ich das irgendwie bräuchte, aber was tut frau nicht alles für die Gesundheit.

Zum ersten Mal seit – ja, immer, irgendwie?! – spüre ich das Leben und denke voller Staunen, dass sich so also Leben anfühlt. Nicht nur struggeln, hustlen und irgendwie halbwegs überleben.

Und fuck, ist das geil.

Moonfall

Physi(kali)scher Blödsinn, aber nett zum oschaun.
Rede ich mir ein, auch wenn es nackig wieder mal nicht stimmt, zumindest von hinten. Versuche, strong den neuen heißen Scheiß sein zu lassen, scheitern nicht nur an Rosa, sondern auch an mir und meiner Wollen-Lähmung.
Etwas streift mich, während ich im mentalen Tiefflug vor mich hin dümpel, aber es ist mir deutlich zu anstrengend, den Kopf zu heben und nachzuschauen, was es gewesen sein könnte. Außerdem ist Feierabend, spaziert ist auch, was soll’s also.
Vermutlich nur eine Lästigkeit. So wie leben halt.

Dystopie

Für den Fall, dass sich jemand fragt, wo ich bin. Hier. In meiner selbst gewählten Belanglosigkeit. Rosa Zombies haben mein Gehirn gefressen.