Reizthema

Weidekätzchen. Der natürliche Körpergeruch von Schatz. Orgelspiel. Disney-Filmenden. Ich bin berührt und stelle fest, dass ich es seit über 2 Jahren nicht war. Keine Frage, ohne SSRI wäre ich auch sonst einfach nicht(s) mehr, aber dass nicht nur Untiefen untiefer, sondern auch alles andere einfach unbedeutend flacher ist, stand nicht im Beipackzettel – und sagt einem auch keiner.
Also taste ich mich langsam wieder an meine Emotionen ran, hoffend, nicht überrannt und niedergetrampelt zu werden – das übernehmen die Absetzerscheinungen zur Genüge.

Derweil. Postet meine von Entzug und Katastrophenterminen unbehelligte Mama ein Spruchbild in ihrem WhatsApp-Status und ich weiß nicht, ob ich weinen, eskalieren oder – thematisch passend – kotzen soll. Augenrollen jedenfalls fällt aus, weil BrainZaps.
Ohne Reproduktionsabsicht dennoch das Zitat:
Natürlich dürfen dicke Menschen kurze Kleidung tragen! Dumme Menschen reden ja auch.
Und erstellen Spruchbilder. °Kalmar!°

Pleonasmus


Als Kind meiner Eltern bin ich es ja gewohnt, über Klatsch und Tratsch Neuigkeiten aus dem engsten bis entferntesten Umfeld zu plänkeln informiert zu werden, statt Gespräche über persönliches Befinden oder gar psychische Verfassungen zu führen, was das Ganze auf der Metaebene doch irgendwie wieder interessant macht.
Neben einer kollektiven Suchtberatung würde ich zwar schon gerne meinen gesammelten Kopfsalat aus dem letzten Jahr vermitteln – zumal Rosa sich maximal ignoriert fühlt, während ich garnicht so unglücklich darüber bin, nicht permanent dazu gedrängt zu werden, doch Waffeln, Kuchen oder gezuckerten Kaffee zu konsumieren – aber so kann ich einfach lächeln und nicken und metamäßig den Kopf schütteln über all das, was sonst gute 700 Kilometer von mir entfernt stattfindet.

Jetzt, auf dem Rückweg in meine dunkelbunte Fluffblase, bin ich zwar sowas wie dankbar, dass mich die 3 Tage wenigstens vom vergangenen und bevorstehenden Katastrophentermin abgelenkt haben, aber noch viel mehr, dass mich daheim nicht nur drei Flauschemiezen, sondern auch Distanz erwarten.

Achja, außerdem: letzter Krümel SSRI.

Rudimente

Sie hat Geburtstag, also rufe ich meine Mutter ausnahmsweise ohne vorige Verabredung per WhatsApp an. Ich weiß nicht, wann sie mich das letzte Mal unverabredet angerufen hat. Jedenfalls nicht zu meinem Geburtstag, da bekam ich eine WhatsApp. Und an dem davor. Und davor…

Eine Belanglosigkeit folgt der nächsten – nur, dass sie im Juni doch ihren geplanten Urlaub in der Ferienwohnung nicht weit entfernt antreten können, enttäuscht mich dann doch. Direkte soziale Interaktion. „Oh, schön!“, sage ich, und finde es ätzend. Und dann, als ich mich schon fast sicher wähne: „Die Hauptsache ist ja, dass du nicht noch weiter abnimmst. Und du hast ja inzwischen begriffen, dass das nix ist.“
Ich kann meine Augen garnicht so weit verdrehen, wie ich es möchte. „Mhm“, nuschle ich und will sie anschreien, dass es sowas von nicht um meinen Körper und um Butter im Essen geht. Zumindest nicht nur.

Gefühlte zwei Stunden später bin ich erstaunt, dass es angeblich nur 35 Minuten waren. Mein Telefon lügt.

08.05.2020

Zwischen den Zeilen liegen Tonnen von Worten, schwer wie Blei

28.10.2020

Ich sperre die Welt aus und mich ein.

29.03.2021

Was der Parasit und Rosa mit Sex zu tun haben? Alles und Nichts.
Ja, so hab ich am Anfang auch geschaut.

23.10.2021

Der Mann den ich liebe ist der Mann, den ich schütteln will und anschreien, er soll sich gefälligst zusammen reißen, aber weil ich weiß, dass er eine Depression und PTBS hat, zerreißt es mich, weil ich weiß, dass er es nicht kann. Ich träume vom Hausmeister und von Lucifer und fühle mich großartig und grauenvoll deswegen.

28.01.2022

Wir müssen reden. Ohne dass ein konkretes Wir gesetzt wäre; ist variabel zu befüllen – Schatz und ich, EgoStates und ich, Chef und ich, Leser:innen und ich. Aus Gründen. Ich weiß nur noch nicht, aus welchen.
Rosa – die ohne

03.03.2022

Etwas Rotes hat sich irgendwie in meine neutrale Wäsche gemogelt und jetzt ist alles einfach nur noch Rosa.

27.03.2022

Phantasmagorie

Auch, wenn ich jener Halbbekanntverwandten definitiv nicht begegnen werde, die auf der Beerdigung meiner Oma nichts besseres zum nicht menstruierenden Körper zu sagen wusste als °Hömma, schlank bisse!°, ist es vielleicht nachvollziehbar, dass ich nicht in Jubel verfalle, entgegen meinem festen Plan, diesen Urlaub nicht bei meiner Familie vorbeizuregnen, nun keine andere Wahl habe. Aus Gründen.
Die Frage, ob ich mir mit diesen Aussichten Prozente gönne, zerschellt an Rosa, die darauf verweist, dass Wirkstoffe bedeutend weniger Kalorien haben. Recht hat sie.
Immerhin entgehe ich so mal wieder einem Termin mit Frau Therapeutin. Ob das nach dem Katastrophentermin, der ebenfalls nächste Woche ansteht, so besonders schlau ist, wird sich zeigen.
Aber so kann ich wenigstens ihre dringende Empfehlung, beim Ausschleichen laaaangsaaaam zu machen, ganz unbehelligt ignorieren.
BrainZap. 2 Weeks to go.

Polymorph

Die innig umarmte Dunkelheit lehnt sich selig an Rosa und beide lassen mir gerne den Vortritt bei Frau Therapeutin, wo ich keine Ahnung habe, was ich ihr erzählen soll. Läuft doch.
Auf alle Fälle übe ich mich in ausgeprägter Ambiguitätstoleranz gegenüber meinem Selbstbild und meinem Handeln, was meine manipulativen Eigenschaften betrifft. Weil, ich bin ja kein manipulativer Mensch, aber Frau Therapeutin muss ja nun auch wirklich nicht alles wissen.
Nee, echt jetzt, mir geht’s garnicht schlecht. Glaube ich? Aber so richtig Bock habe ich halt auch nicht, mich mit ihr und mir auseinanderzusetzen. Rosa bleibt und Dunkelnebel sind eh faszinierend. Und. Diskutieren tu ich das maximal im cerebralen Sitzkreis.

So konzentrieren wir uns auf das geplante Ausschleichen meiner KreativitätsSerotoninwiederaufnahmehemmer und ihre Leidenschaft fürs Langlaufen.

Ich hab jetzt Urlaub. Und Brainzaps.

Rauhnacht

Zwischen den Jahren . ZwischenWelten. Ich scrolle durch Selfies und Monate, die zusammen mit Körpergewicht und Blut im Dunkel versickert sind.

Es ist November, nach einem Monat Psychiatrie, weiteren Wochen Krankschreibung und in meiner nochmal deutlich heruntergeschraubten Wiedereingliederung. Die neue Frau Therapeutin und ich stellen immerhin so viel Gewicht wieder her, dass sich mein Uterus mal wieder angesprochen fühlt. Nicht, dass ich das irgendwie bräuchte, aber was tut frau nicht alles für die Gesundheit.

Zum ersten Mal seit – ja, immer, irgendwie?! – spüre ich das Leben und denke voller Staunen, dass sich so also Leben anfühlt. Nicht nur struggeln, hustlen und irgendwie halbwegs überleben.

Und fuck, ist das geil.