Parasit

°Triggerwarnung°

Etwas zerrt in mir. Reißt voll verzweifelter Gewalt an der Kette, die es halten soll. Es windet sich unter meiner Haut, in meinen Knochen und wühlt sich durch nassrote Gedärme. Drängt sie beiseite, martert mich und sich, weil es irgendetwas will. Die einzige Artikulation besteht aus verzweifeltem Aufheulen und einem seltsam sehnenden, mehr spür- als hörbaren Knurren. Tief. Voller Vorwurf und Lust. Und unendlich gequält.
Es zerreißt mich im Innen, minutiös, und schlägt scharfe Klauen in Empfindlichkeiten, Fangzähne in nackte NervenEnden. Es kämpft und gräbt sich durch Unbewusstes, getrieben von uralten Instinkten, die sich jeder Logik, jeder Beschreibung entziehen.
Ich bin verloren.

Visite. Blutbildbesprechung. Hämoglobin und Hämatokrit kratzen am Rande einer schweren Anämie.
Irgendwie kann ich mich rauswinden, aber mein Kopf packt umgehend seine Instant-Hüpfburg aus und schmeißt alle Gedanken, die er gerade so findet – und das sind echt viele – ungefragt dort rein.
Irgendetwas reitet mich nur Minuten später, eine kurze Mail mit der tatsächlichen Ursache an den Stationsarzt zu schreiben. Chefarzt und Frau Bezugseinzeltherapeutin werden informiert. Letztere treffe ich wenig später zum Einzel und ich sehe und höre ihr an, wie sehr sie mich nicht darauf ansprechen will, aber muss. Aber weil Frau Bezugseinzeltherapeutin Frau Bezugseinzeltherapeutin ist und nicht Herr Vertretungseinzeltherapeut, der mich zweifelsohne zerlegt hätte, winde ich mich erneut heraus und in großen Bögen um mich herum, ohne wirklich etwas zu sagen. Eine weitere Diffusität, die kaum noch auffällt in all den konstruierten Gebilden um mich herum und die ich manchmal fast selbst glaube.

11 Kommentare zu „Parasit“

  1. Liebe Lia, es tut mir weh zu lesen wie sehr du leidest. Und auch wie wenig die Hintergründe gesehen werden. Doch bitte, warum verbirgst du alles so sehr. Boykottierst jede Chance auf Hilfe. Die du dir doch einerseits sehnst. Dein Leid ist groß. Es steht außer Frage. Lass bitte zu, dass man es sehen kann. Es würde dunkler werden, wenn dein Licht erlischt. Viel Kraft. Die Berries

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  2. Weißt du … wir kennen uns nicht einmal persönlich; nur von unseren Blogs und dennoch ist dort dieses tiefe Verlangen in mir, dieser Wunsch … dass ich so gern etwas für dich tun können würde … dich halten, einfach nur neben dir sitzen in all der dunklen Suppe und ein Teelicht nach oben halten. Einfach … damit es nicht ganz dunkel ist, nicht ganz so ausweglos. Ein Teelicht kann nicht viel tun, aber manchmal dennoch lebensrettend sein.
    Wie gern ich dir ein Teelicht sein wollen würde.

    Und auch, wenn es „nur“ diese Worte gibt, so möchte ich sie dir so teelicht-esk senden, wie es geht.
    Ich bin bei dir.

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    1. Das sind so liebe Worte von Dir – und auch von den Anderen, danke! Ich habe den Entschluss gefasst, meiner Therapeutin ein paar Texte – u.a. auch einen Auszug hiervon – zu senden. Damit es heller werden kann.

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      1. Das kann ich total verstehen und ich denke, dass ist auch nachvollziehbar und okay, dass du Angst hast. Ist ja auch ein vollkommen berechtigtes Gefühl ♥ Ich bin stolz auf dich und in Gedanken bei dir!

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