Widerstandskämpfer

Das Klinikgelände ist weitläufig. Die Wandermöglichkeiten außenrum noch viel mehr. Am Mittwoch komme ich lt. Handyschrittzähler und zusätzlich getrackter Spazierstrecke auf 10,3 Kilometer, am Donnerstag auf 13,3 und heute auf 11,8.

Dann habe ich Einzel. Zwei geradezu lachhaft winzige Spaziergänge darf ich – ohne, dass es jemand kontrollieren wird – bis zum nächsten Termin am Mittwoch machen. Einen am Wochenende, einen am Montag oder Dienstag. Nicht einmal 2 Kilometer, hin und zurück. Ich könnte heulen. Tue es aber nicht, und habe inzwischen heftige Kopfschmerzen vom nicht-heulen. Dafür verhandle ich seither sehr intensiv mit Rosa – darüber, ob ich meine Wanderschuhe heimschicke (natürlich nicht!), ob eine Fototour als unerlaubter Spaziergang zählt (quatsch!) und wann ich diese dann vielleicht machen könnte (Sonntagfrüh!). Weil, wenn sie schon brav Richtmenge essen muss, weil wir sonst fliegen, kann sie ja wohl wenigstens die neu gewonnene Energie – die auf dem Weg zwischen Magen und Muskeln irgendwo verpufft, so dass sich Körper bisher kaum anders fühlt als vorher – in Schritte investieren. Das klingt ziemlich logisch, finde ich. Und auch wenn Körper wenig Lust dazu hat, hüpft Rosa wie ein Flummi durch meine Gehirnwindungen, so dass die Resonanz in meinen Beinen und durch meinen Verstand summt. Undenkbar, diese Vorgabe einzuhalten – so die resignierte wie erleichternde Erkenntnis am Ende des Tages.

4 Kommentare zu „Widerstandskämpfer“

  1. Mhhh verständlich, dass es Widerstand gibt. Sehr verständlich. Der Kampf ums Essen ist ein harter Kampf. Erst recht mit innerer Widersprüchlichkeit. Doch bist du/ihr sicher so klar gegen die regeln zu verstoßen? Wollt ihr fliegen. Alle? Warum wolltet ihr dann Hilfe. Es ist hart. Keine Frage. Ihr leidet. Doch gleichzeitig wäre es auch eine Idee diese Gedanken offen zu machen. Anstatt verdeckt gegen das System zu arbeiten. Es ist eure Entscheidung. Es klingt sehr hart und es tut mir wirklich leid, dass die Behandlung auch mit so viel Zwang und Müssen verbunden ist. Das ist sicher schwer auszuhalten. Da wir hier latent auch den Kampf mit Kalorien, Kilometern und Gramm führen, weiß ich wie es es zum Sog wird. Ganz viel Kraft. Und ein wenig Ruhe zum durchatmen

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    1. Danke für deine Worte.
      Die Spazierregel ist keine, die sofort zum Rausschmiss führt, sondern eine Aufgabe meiner Therapeutin. Wahrscheinlich ist das das Problem -.- Rausschmiss ist undenkbar, aber so könnte ich – auch im Wortsinn – mal schauen, wie weit ich gehen kann und muss es nur vor mir Selbst und am Ende auch vor der Therapeutin verantworten. Anlügen möchte ich sie hierüber nicht. Immerhin.
      Liebe Grüße, und dir auch viel Kraft! 💜

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  2. Das muss unglaublich schwer auszuhalten sein.
    Das kann ich in diesem Bereich (wohl aber in anderen) kaum nachempfinden.
    Aber duihr solltet euch nicht selbst betrügen. Es geht um alles. Um das Leben an sich und ein gesünderes. Und es mag schwer sein, etwas loszulassen, von dem man glaubt, es gäbe einem die ultimative Kontrolle, aber es hat längst du Kontrolle über dich. Lass sie ihr nicht.

    Bleib tapfer

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  3. Diese Reaktion scheint ,,normal“ zu sein, wenn man sich in einem Therapiesetting befindet. Einerseits ist es erleichternd das man Verantwortung abgenommen bekommt, anderseits kann man sich nicht an seiner Routine festhalten. Das macht Angst und unsicher.

    Bleib stark, unterstütze Körper und versuch Rosa ein bisschen außen vor zu lassen. Das klingt einfacher gesagt als getan, I know. Aber Wenn Du und Körper mehr Kraft habt als sie…irgendwann…dann wird Rosa ruhiger werden.

    Ich drücke Dich.

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