Mindf*ck

Möglicherweise hatte Schwarz genau das im Sinn, als sie mich gesternabend nach einer ätzenden Nacht und einem noch viel ätzenderen Tag wieder mal zum Alkohol greifen lässt. Viel Alkohol. Der erst meinen Kopf angenehm ausschaltet, aber dann die Mauer, die ich so sorgfältig um meine Gefühle gebaut habe, erst bröckeln und schließlich unter viel Lärm und Staub in sich zusammenstürzen lässt.

Plötzlich kann Schwarz all das rauslassen, was ich sonst so sorgsam kontrolliert wegsperre. Und sie lässt viel raus. So sitze ich dort auf der Terrasse mit Schatz und heule, weil Schwarz so sehr nicht mehr kann und sich einen Hauch Beachtung wünscht. Sage Dinge, die ich nüchtern nie ausgesprochen hätte und lasse zu, dass Schwarz sogar erwähnt, dass mein Hausarzt noch Sprechstunde hätte und es nicht das schlechteste wäre, genau jetzt zu ihm zu fahren, weil ich genau weiß, dass Nüchtern und am nächsten Tag Schwarz wieder weggesperrt sein wird.

Ich lasse Schatz mich lenken, und als ich mich im Wartezimmer wiederfinde und die Woge des Alkohols nachzulassen scheint, frage ich mich, was ich eigentlich hier tue. Außer mich anstellen und so.
Der Weg ins Sprechzimmer und die frische Luft der offenen Balkontür spülen eine neue, heftige Welle Rausch über mich hinweg, und Schwarz weiß genau, was sie hier tut. In meinem Kopf steht ein minutenlanger Monolog bereit, der beschreibt, wie es Schwarz so geht. Aber als der Arzt vor mir sitzt, sind da plötzlich nur noch Bruchstücke, und genau so fallen auch meine Worte aus. Bruchstücke, aus denen man mehr Verzweiflung heraushört, als ich es mir selbst zu fühlen gestatte.

Viel ist nicht rekonstruierbar aus dem Gespräch. Ich soll mich um einen psychosomatischen Klinikaufenthalt bemühen, soll mich nochmal melden am Ende der Woche, ggf. auch wegen Medis zum Schlafen. Ich bin die nächsten zwei Wochen krankgeschrieben.

Die Nacht war kurz. Die Mauer um meine Gefühle steht noch nicht wieder. Und da ist das schlechte Gewissen, weil es gerade jetzt in der Arbeit so viel wichtiges für mich zu tun gäbe und viele Gedanken an das, was ich an fachlichen Dingen noch meinem Chef schreiben muss möchte.
Ganz viel Sortierarbeit liegt vor mir, und die Aufgabe, mich mit dem Thema Klinik zu beschäftigen, was mir ebenso viel Angst wie Hoffnung macht.

1 Kommentar zu „Mindf*ck“

  1. Liebes Flügelwesen,

    vielleicht ist es ja auch ganz gut, dass Schwarz diesmal die Führung an sich gerissen hat um endlich mal gesehen zu werden. Und jetzt ist Zeit für dich, das schlechte Gewissen darfst du ruhig mal an die Seite schieben… Alles Liebe fürs Sortieren und die Beschäftigung mit dem Thema Klinik!

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