„Am Samstag müsst ihr dann Hungern, weil wir da gibt’s dann ja abends was! “ sagt mein Papa und spielt damit auf den geplanten Restaurantbesuch an, und während Rosa verwirrt schaut, weil sie das eh für selbstverständlich hält, klärt sich für mich in dem Moment die Frage, ob mein Papa auch nur ahnt, dass Rosa auch mitkommt. Wohl eher nicht.
Rosa und ich haben eine Horror-Woche vor uns. Oder stecken schon mittendrin. Gestern Essengehen mit Freunden. Morgen und übermorgen eine berufliche Veranstaltung im Hotel, mit Übernachtung. Freitag bis Montag Besuch bei meiner Familie, die grundsätzlich alle Treffen mit irgendeiner Form von Essen konnotiert. Meine Mama schickt mir seit zwei Tagen Rezeptvorschläge für Sonntag, bei denen Rosa mich nur entgeistert anschaut und ich hilflos mit den Schultern zucke. Das Restaurant, in das wir mit meinem Papa gehen, hat keine Speisekarte online. Sport wird außerdem schwierig in der Woche. Vielleicht schaffe ich nur zwei Mal. Nicht gut.
Und in der Woche drauf Termin bei Frau Ernährungsberaterin. Jäi.
Rosa und ich müssen uns also irgendwie durchwinden. Wenig Kalorien unter ausreichend Essen tarnen, vor der Familie auch noch erzählen, wie toll es wäre, wenn die Essstörung bald Geschichte wäre, während ich Rosa dabei sanft an mich drücke und ihr heimlich versichere, dass das alles nur Lügen sind. Ehrlich. Ich will das alles so, wie es gerade ist. Genau. So. Ich will zerbrechlich sein, und kontrolliert und einsam und schwach und und leicht und besonders, und will es genießen, meinen Körper immer weiter zu treiben. Ich weiß, dass ich es nicht sollte. Aber die Person zu sein, die man sein sollte, daran scheitert jeder. Also bin ich, was ich sein will. Auch, wenn es dumm ist.