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Vielleicht hatte sie es geahnt. Mit an Irrsinn grenzender Begeisterung war sie einfach drauf los gestürmt, wohl wissend, dass geradeaus am Horizont ein Abgrund lauern würde. Ungebremst war sie darauf zu gerannt, immer hoffend, dass ihr Weg vorher eine Kurve nahm und sie auf festem Boden bleiben würde.

Aber dann merkte sie, wie sie auf dem immer unwirtlicher werdenden Untergrund stolperte und keine Kurve vor ihr lag. Langsamer werden, die Richtung wechseln war nicht möglich, und so hatte sie sich selbst zugesehen, wie sie über den Horizont fiel.

Sie hielt sich nur noch mit den Fingerspitzen an der Kante über dem dunklen Abgrund fest und wenn sie nach unten blickte, war da nur Schwärze. Sie hatte keine Ahnung, wie tief sie fallen würde, wenn sie los ließ. Vielleicht waren ihre Zehenspitzen nur wenige Zentimeter vom Boden entfernt, oder aber sie brach sich beim Sturz in die Tiefe alle Knochen, falls sie überhaupt überlebte.

Ihr Herz hämmerte vom Dauersprint, ihre Gedanken waren immer noch unterwegs auf dem Weg, den es nicht mehr gab. Mit Mühe kämpfte sie die Tränen der Verzweiflung nieder, da sie sonst die Hände vors Gesicht geschlagen und losgelassen hätte. Trotz dem andauernden Wissen um diesen Abgrund hatte sie nie darüber nachgedacht, was passieren würde, falls sie abrutschte. Ihre Kraft reichte gerade so aus, um sich festzuhalten und darüber nachzudenken, ob loslassen oder um Hilfe schreien die bessere Lösung wäre. Die Schwärze des Abgrunds war verlockend, sie stellte sich vor, wie sie sie auffing und ins vertraute Dunkel davon trug. Lange würde sie die Tränen nicht mehr zurückhalten können…

08.12.2016

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