Inpatient ⦁ Körperintelligenz

Dienstag. Wiegetermin beim Hausarzt, es ist sein letzter Tag vor dem Urlaub. Ich habe extra meine Eigenverantwortung, die seit Ewigkeiten in einer Ecke liegt und vor sich hin gammelt, abgestaubt und eingepackt, um sie ihm vor die Füße zu werfen. Ich will sie nicht, soll er damit machen, was er will.
Denn irgendwas ist passiert in den letzten Tagen, insbesondere nach unserem Ausflug. Es geht nicht mehr. Ich funktioniere nicht mehr und fühle mich physisch wie psychisch am Ende.
Doch ich werde nur auf die Waage gestellt, die einen Hauch mehr anzeigt als am Freitag – an dem ich nüchtern war, während ich jetzt schon diverse Tassen Tee und Kaffee intus habe und das auch sage; genau wie dass meine Waage daheim einen Hauch weniger zeigt als am Freitag – und mit einem neuen Wiegetermin in 14 Tagen nach Hause geschickt. Ohne Arztgespräch.

Immernoch Dienstag. Fünf Minuten, bevor der Vertretungsarzt schließt. Ich rufe dort an und soll kurz angeben, worum es geht. Ich stammle etwas von Untergewicht und Einweisung ins Telefon und erhalte einen Termin für Donnerstagmittag. Das ist der Moment, in dem Rosa erkennt, dass ich es ernst meinen könnte. Aber noch bevor sie den Mund aufmachen kann, sage ich ihr, dass sie die Klappe halten soll, und erstaunlicherweise hält sie sich daran. Was mich fast noch mehr verunsichert.

Donnerstag. Natürlich überlege ich, den Termin abzusagen. Weil ich bestimmt nicht krank genug bin, nur überreagiere und mir die weiteren Androhungen zur totalen Systemabschaltung von Körper bloß einbilde. Aber ich gehe trotzdem hin und habe wieder meine Eigenverantwortung eingepackt. Diesmal werde ich sie los. Er gibt mir die Zusage für eine akute Einweisung in eine psychosomatische Klinik, kümmert sich um einen Platz, nimmt heute nochmal diverse Werte ab und dann… Ja, dann geht es hoffentlich (?) sehr kurzfristig stationär. Und das ist die Stelle, an der ich fast sowas wie froh bin über meine kognitiven Nicht-Funktionen, weil Nicht-Denken an der Stelle bedeutend weniger Angst macht. Und Rosa? Schweigt sich aus, gerade.

3 Kommentare zu „Inpatient ⦁ Körperintelligenz“

  1. Liebes Flügelwesen,

    you made my day!! Egal, was heute kommt, es kann mich kaum glücklicher machen als dieser Eintrag von dir. Dein „normaler“ Arzt scheint absolut keine Ahnung zu haben, aber über den ärgere ich mich ja schon länger. 😉
    Umso mehr freue ich mich über diesen Vertretungsarzt! Und ganz besonders über dich. Du hast eine Entscheidung getroffen, die du ganz lange nicht treffen konntest und nun sogar noch mehrere Hindernisse überwunden! Den Wiegetermin, bei dem du dich entschieden hast, hinzugehen. Dann hast du entschieden, den Grund für das „Mehrgewicht“ zu erklären. Und DANN, nachdem dieser Arzt in meinen Augen völlig unverantwortlich gehandelt hat, hast du entschieden, einen Vertretungsarzt aufzusuchen. UND bist zwei Tage später auch da hin gegangen! UND hast die Karten auf den Tisch gelegt! Auch das waren ja erneute Entscheidungen!
    Wir kennen uns ja (persönlich) überhaupt nicht und ich hoffe, ich darf das hier so schreiben: ich bin unfassbar stolz auf dich!

    Weiß dein Partner nun auch Bescheid? Wie hat er reagiert?

    Ich wünsche dir auf jeden Fall von Herzen alles erdenklich Gute! Die nächsten Wochen werden sicher herausfordernd, aber nun, da du deine Eigenverantwortung zurückgefunden hast, bin ich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit guter Dinge! Du hast dich nun für das Leben entschieden! ❤

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